Der Traum vom Leben an Bord
- Joshy
- 19. Aug.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 21. Aug.
Von der Idee eines freien Lebens auf dem Wasser, endlosen Fragen – und einem Boot, das uns nicht mehr losliess
Ein Traum, der blieb

Ich kann mich nicht an den Tag erinnern, an dem ich angefangen habe, vom Leben an Bord zu träumen – es muss schon eine ganze Weile zurückliegen. Wie ich überhaupt auf die Idee gekommen bin weiß ich auch nicht mehr, es muss aber wohl unzähligen Büchern übers Segeln und der Tatsache, dass meine Eltern mich ziemlich früh an die Segelei herangeführt haben geschuldet sein. Und sicher auch meinem Bedürfnis, die Nacht lieber draußen als zwischen vier Wänden zu verbringen.

Meine Partnerin brauchte etwas Zeit, um Begeisterung für die Idee dieser Art des Lebens zu entwickeln. Aber sie kam – spätestens, nachdem unser Lada-Niva-Restaurationsprojekt mit viel Enthusiasmus gestartet, aber eher unspektakulär wieder zu Ende gegangen war. Und da wir ohnehin der Meinung waren, dass wir nach 5 Jahren nun mal wieder den Wohnort wechseln könnten, war der Zeitpunkt gut, um das Thema "Leben auf einem Boot" nochmal anzugehen.
Fragen über Fragen
Aber ist das Leben an Bord für uns überhaupt praktisch umsetzbar? Die Frage, die meine Partnerin Laura wohl am meisten beschäftigte, und die ich mir frühstens nach dem Kauf eines Bootes gestellt hätte, wollte ausgiebig diskutiert werden. Und natürlich auch die daraus resultierenden Fragen:
Wohin mit all unserem Zeug? Wie viel können wir an Bord unterbringen? Wollen wir uns wirklich von all den Dingen trennen? Eine nicht zu unterschätzende Frage, schließlich bestand mein größter Besitz zu dem Zeitpunkt aus einer Elektronikwerkstatt im Keller, einer halben KFZ-Werkstatt in der Garage und einem Auto voller Werkzeug für die Yachtelektrik – und von Werkzeug trennen kann ich mich nun wahrlich nicht so gut. Laura konnte zudem mit mehreren Regalmetern an Büchern aufwarten, von denen sich zu trennen für sie auch nicht die leichteste Aufgabe werden würde.
Dann natürlich die Frage des Geldes: Können wir uns das leisten? Und was ist eigentlich, wenn es uns doch nicht gefällt? Einfach zurück geht ja nicht. Wie ist das mit dem Arbeiten vom Boot aus? Schließlich arbeitet meine Partnerin im Homeoffice; ist das produktiv und halbwegs ergonomisch machbar? Und da waren bestimmt noch viele weitere Fragen, welche nun in der Rückbetrachtung in ihrer Unbedeutsamkeit verschwunden sind.
Am Ende aller Diskussionen stand das Fazit: „Ok, wir probieren es. Sparen noch ein paar Monate und dann schauen wir mal nach Booten.“
Sparen? Lieber Boote gucken!
Nun zählen sowohl sparen als auch warten nicht zu meinen Kernkompetenzen, weshalb man mich abends schon bei Kleinanzeigen nach Booten suchen vorfand. Und zum Leidwesen unseres Plans fand ich auch direkt das eine oder andere interessante Objekt…
Aber wonach suchten wir denn eigentlich? Wirklich konkrete Vorstellungen hatten wir nicht, es sollte ein Boot um die 40 Fuß sein, auf dem wir leben, arbeiten und reisen können. Die Basis sollte gut sein, ich habe in meinem Leben mehrere Komplettrefits mit gemacht und das hier sollte keines werden. Vor allem aber so, dass wir uns erstmal auf die Umbauten konzentrieren könnten, die das Leben und Arbeiten an Bord möglich und auch angenehm machen sollten.
Wie sehr es dann anders kommen sollte wird sich noch zeigen. Nun musste ich Laura aber natürlich erstmal von meinen Funden erzählen und eines von den Booten die ich da gefunden hatte, weckte bei uns beiden großes Interesse; und dann auch nur eine Stunde Fahrt entfernt. Also einen Termin mit dem Eigner gemacht und ab ging es nach Rendsburg.
Ein Kutter, 11 Winschen und ein Fragezeichen
Da standen wir also – neben einem Eigner, der offensichtlich mit älteren Interessenten gerechnet hatte – vor einem Boot, das so gar nicht dem entsprach, was ich noch vor einer Woche als das Boot meiner Träume beschrieben hätte.
Ein kuttergetakelter Motorsegler mit festem Dodger, für den das Wort "Kutter" praktisch erfunden worden sein muss, war wahrhaftig nie mein Traumboot. 1988 in Dänemark aus Holz gebaut, mit GFK überzogen und mit hohem Freibord versprach der erste Anblick alles, aber kein sportliches und schnelles Segeln. Auch die technische Ausstattung bedarf eigentlich keiner Erwähnung, denn sie war so gut wie non-existent.

Und doch war da irgendetwas an diesem Boot, das uns begeisterte, abgesehen von den Dingen, die mich eh schnell begeistern wie z. B. insgesamt 11 Winschen, eine Aries Windsteuerung am Heck, ein Festrumpfschlauchboot an Deck und ein gigantischer Kartentisch. Ja, irgendwas strahlte dieses Boot aus, was sagte: "Ich bin genau das, wonach ihr sucht!" Vielleicht waren es die geschlossenen Schottwände, die ein recht schiffiges Gefühl vermittelt haben, die geräumige U-Pantry in der man wohl bei jedem Wetter kochen kann. Die beiden gemütlichen Hundekojen im Salon. Oder vielleicht doch das Gefühl von... ja, wovon eigentlich?
Irgendwas auf jeden Fall, was dazu führte, dass wir etwas euphorisiert aber auch verwirrt den Besichtigungstermin beendeten, zurück zum Auto gingen und uns sicher waren, dass das ein super Boot für unser Vorhaben wäre.
Aber wir können doch nicht das erste Boot kaufen, welches wir uns angeschaut haben, oder?
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