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Planänderung

  • Autorenbild: Joshy
    Joshy
  • 27. Aug.
  • 5 Min. Lesezeit

Vom kleinen umbau zum grossen schleif-spass


Nix gelernt

Vor vielen Jahren habe ich mit zwei Freunden eine viel zu günstige Jolle aus Mahagoni gekauft. Ihr Rumpf war mit GFK überzogen.

Unser Plan, sie ein bisschen herzurichten und dann damit die holländischen Binnenreviere unsicher zu machen, scheiterte krachend, nachdem einer von uns beim Abziehen des alten GFK vom Rumpf einen Stechbeitel durch das morsche Holz in den Innenraum stieß. Statt Segelausflügen in die Niederlande folgten also in den kommenden Jahren Wochenenden

GFK steht für glasfaserverstärkter Kunststoff. Dabei werden Glasfasermatten mit Epoxid- oder Polyesterharz getränktnach dem Aushärten entsteht daraus ein stabiles Laminat, das im Bootsbau weit verbreitet ist. Die große Gefahr von Holzrümpfen die mit GFK überzogen sind, besteht darin, dass wenn Wasser hinter das Laminat gelangt es nur noch schwer rausfindet und sich das Holz dahinter anfängt zu zersetzen.
ein Bootsrumpf aus Holz der im Aufbau ist

in der Werkstatt, die wir damit verbrachten, die Hälfte des Rumpfes neu zu bauen. Und aufgrund von mangelhafter bootsbauerischer Leistung im Holzbau auch wieder mit GFK zu überziehen.

Leider ist die Begeisterung für das Projekt mit der Zeit abhanden gekommen. Wir haben die Jolle weiterverkauft, nachdem der Rumpf wieder geschlossen war. Wir sind sie nie gesegelt.

Eine etwas traurige Story, die ich jedoch nicht bereue, da ich für all das, was ich dabei gelernt habe sehr dankbar bin. Zugegebenermaßen ist "Holzboote mit GFK laminieren" ein vermutlich eher selten nützliches, weil ziemlich spezifisches Skillset - aber es ist eines! Und wer weiß, ob ich eines schönen Tages nochmal jemandem damit weiterhelfen kann.



Ein Déjà-vu?

Aber hatte ich denn nun wirklich etwas gelernt? Eine Frage, die ein Telefonat mit einem der damals beteiligten Freunde aufwarf, den ich kurz nach dem Kauf der Mave natürlich über unseren neuen Schritt informierte. „Hast du denn gar nichts gelernt?“ – war, glaube ich, seine Frage. „Dieses Mal ist es anders“, in etwa meine Antwort.


Altes GFK von Bootsrumpf entfernt

Und so stand ich nun an einem warmen Julitag unter Mave, fröhlich beschäftigt damit, das alte Antifouling vom Rumpf abzuziehen, als ich merkte, dass sich an einer Stelle, knapp oberhalb des Ballasts, das GFK verdächtig lose anfühlte. Misstrauisch setzte ich den Schaber an und stach vorsichtig hinein. Ein kleines Stück löste sich. Ich zog ein wenig stärker – und plötzlich hatte ich ein ganzes Büschel loser Fasern in der Hand. Wenige Augenblicke später konnte ich einen kompletten Quadratmeter Laminat einfach vom Rumpf abziehen.


Ein Moment, für den das Wort Déjà-vu praktisch erfunden worden war. Nichts hatte ich also gelernt.

Oder doch? Immerhin hatte ich in meinem Leben ja schon einmal einen Rumpf laminiert … Ein Zurück gab es jedenfalls nicht, und einfach alles hinzuschmeißen war keine Option. Unser Sommer würde wohl also etwas anders verlaufen als geplant.


Die ersten Arbeiten

Nach weiterer Begutachtung des Rumpfes war klar: Das Laminat im Totholzbereich – also oberhalb des Stahlballasts – war miserabel. Im Überwasserbereich schien es zwar in Ordnung zu sein, aber „anscheinend okay“ war kein Zustand, mit dem ich mich zufriedengeben wollte. Zu groß die Unsicherheit, dass unter diesem Anschein böser Überraschungen auf uns warten könnten. Also entschieden wir uns nach Rücksprache mit dem einen oder anderen Bootsbauer und reichlichem Hin und Her in dazu, den kompletten Rumpf neu zu laminieren. In uns bereits altbekannter Ganz-oder-gar-nicht-Manier und der Hoffnung, die nächsten Jahre Ruhe damit zu haben.

Frau entfernt GFK von Bootsrumpf

Also pausierten wir sämtliche Innenarbeiten und stellten außen von Abziehklinge auf Heißluftföhn und Spachtel um, um das alte Laminat vom Rumpf zu lösen.

Man könnte sagen: Die Arbeiten am Rumpf waren damit einen großen Sprung nach oben auf der „Gar nicht spaßig“-Skala geklettert.

Parallel dazu machte ich mich daran, Material zu bestellen – viel Material.

  • 90 kg Epoxid Harz

  • 80 kg Glas-Gelege Matten

  • 100 m² Abreißgewebe

  • verschiedene Epoxid-Füllstoffe

  • unzähliges Zubehör und Verbrauchsmaterial

Das würde noch eine ganz schöne Aufgabe werden.



Das Totholz bleibt

Ein Holzrumpf mit morschen Stellen

Doch welche Schäden am Holz waren überhaupt zu erkennen – und welche ließen sich mit unseren Mitteln und in unserem knappen Zeitplan beheben?

Die gute Nachricht: Ganz so schlimm wie bei unserer Jolle war es diesmal nicht. Die schlechte Nachricht: Die morschen Stellen im Totholz – also dem Bereich zwischen Kiel und Ruderblatt – würden bleiben müssen. Um sie zu ersetzen, hätten wir den Ballast abnehmen müssen, und das war in unserem Zeitplan schlicht ein Schritt zu viel.

Also bohrte ich in regelmäßigen Abständen Löcher in die feuchten Stellen, um dem Holz zumindest die Chance zu geben, etwas auszutrocknen, bevor es wieder unter frischem GFK verschwand. Nicht die optimale Variante, aber strukturelle Probleme waren hier nicht zu erwarten.


Ein weitere Umzug

Die Voraussetzung für unser Unterfangen war klar: Wir brauchten einen Platz in einer Halle. Der bisherige Stellplatz im Freilager war für unser Vorhaben keine Option mehr. Ebenso klar war, dass wir zu zweit nicht weit kommen würden – allein fürs Laminieren mussten wir mindestens vier Leute sein. Also wurde kurzerhand der familiäre Krisenalarm ausgelöst.


Mein Vater organisierte ein Gerüst, damit wir am Freibord arbeiten konnten. Wir legten einen Termin fest, bis zu dem ich mit den Vorbereitungen fertig sein musste – für diesen würden alle Beteiligten Urlaub nehmen, um gemeinsam den Rumpf zu laminieren. Und meine Mutter stand kurzerhand bei uns auf der Matte, um sich um die Innenarbeiten zu kümmern, die nun brachlagen, während wir uns mit dem Rumpf abmühten.


Der Umzug in die nächste Halle ging dank lieber Ex-Kollegen überraschend schnell. Kaum hatte ich mein Werkzeug beiseite geräumt, wurde das Boot auch schon angehoben und in seine neue Heimat gebracht. Nun waren wir zwar vom Wetter unabhängig, dafür aber an die Öffnungszeiten der Halle gebunden. Aber ein bisschen geregelte Arbeitszeiten würden dem Mammutprojekt, das uns bevorstand, ja vielleicht sogar guttun.


Laura konnte sich nun – ohne Sorge vor Regen – dem Stahlballast widmen. Mit Flex und Topfbürste rückte sie ihm zu Leibe. Zuvor war er lediglich beschichtet gewesen, diesmal jedoch sollte er mit einlaminiert werden. Dafür musste er bis aufs blanke Metall abgeschliffen werden.

Inzwischen war ich beim Entfernen des alten Laminats auf einen Elektrohobel umgestiegen – das beschleunigte die Arbeit deutlich. Also verbrachte ich Tag um Tag damit, das alte Laminat herunter zu hobeln und anschließend die Oberfläche plan zu schleifen. Bei rund 85 m² Fläche eine höchst handgelenkbelastende Angelegenheit. Nach etwa 70% war es dann auch nicht etwa der Hobel, der aufgab, sondern mein Handgelenk. Aber motivierte Hobel- und Schleif-Unterstützung war schnell gefunden und so ging es in großen Schritten auf das große Laminier-Happening zu.



Die letzten Vorbereitungen

Einige Dinge mussten aber vorher noch organisiert werden.

Unser Plan war, die Glasgelege-Matten vorab mit Epoxidharz zu tränken und sie dann an den Rumpf zu bringen. Dafür brauchten wir einen Tisch von mindestens 1,5 × 3,5 Metern. Außerdem: Unmengen an Einweghandschuhen, Plastikbechern, Rührstäben, Schutzanzügen und Folien. Und natürlich einen genauen Ablaufplan – wie bringen wir die harzgetränkten Matten an den Rumpf, ohne allzu große Mengen Luft unter ihnen einzuschließen?


Und so flog auch die letzte Woche, bevor es losgehen sollte, dahin, während immer wieder Freunde, Bootsbauer und Bootseigner unter unserem Boot standen und sich ungläubig nochmal vergewisserten, wann genau wir damit wieder im Wasser sein wollten.


„Doch, doch – in zwei Monaten schwimmen wir wieder.“







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